Mediale Vermittlungen und Aneignungen von DDR-Geschichte in der Schule

Bei der Aufarbeitung und didaktischen Aufbereitung von DDR-Geschichte spielt die Schule als gesamtgesellschaftlich verpflichtender Lernort eine zentrale Rolle. Junge Menschen kommen hier – unabhängig von sozialen Milieus, Vorerfahrungen und Voreinstellungen – mit der Thematik in Berührung, werden zu Urteilen aufgefordert und sollen durch die Auseinandersetzung mit einer Diktatur Orientierung für demokratisches Handeln in ihrer Gegenwart gewinnen.

Das Teilprojekt widmet sich der Frage, wie die DDR-Geschichte angesichts des generationellen Wandels in der Schule der Bundesrepublik nach 1989/90 unterrichtet wurde. Untersucht werden, mit den theoretisch-kategorialen wie empirischen Mitteln der Geschichtsdidaktik, Schulbücher als „nationale Autobiographien“ (in der Regel 9. oder 10. Jahrgangsstufe) über den gesamten Zeitraum bis heute, und zwar aus allen Schularten und jeweils ausgewählten Bundesländern bzw. Bildungsregionen einschließlich Lehrerbänden und Aufgabenheften. Ergänzend werden Vermittlungsangebote aus Lehrerbildungsinstituten, Stiftungen, Gedenkstätten hinzugezogen. Gefragt wird nach Umfang und Intensität der Darstellung, thematischer Vielfalt bzw. Schwerpunktsetzung im Spannungsfeld zwischen Herrschafts-, Sozial- und Alltagsgeschichte, systematischen Bezügen zur Bundesrepublik und globalen Kontexten („Kalter Krieg“). Dabei geht es nicht um die (methodisch kaum mögliche) Rekonstruktion von tatsächlich erteiltem Unterricht, sondern um die schwankende Profilierung von DDR-Geschichte als der Erzählung von einer repressiven, überwachten Gesellschaft wie auch der Erinnerung an Nischen, Eigensinn und Widerstand, z.B. auf der Ebene von Jugend, Subkultur, Kirche.

Zu erwarten ist, dass die DDR mit zunehmendem zeitlichen Abstand zwar auch im Schulbuch zunehmend historisiert, den fachdidaktischen Erkenntnisprinzipien von Multiperspektivität und Kontroversität unterworfen sowie im Zuge der Kompetenzorientierung auf einige wenige exemplarische Lerninhalte mit Lebensweltrelevanz reduziert wird, aber doch ihren eigenen Stellenwert für den Aufbau einer historischen Identität im Deutschland des 21. Jahrhunderts behält.

Projektbearbeitung:

Christian Tetzlaff (LMU München)